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Steckbrief des Biotop- und Lebensraumtypenkatalog NRW
7220* Kalktuffquellen (Cratoneurion) =§30
letzte Änderung: 2016-05-17 -->siehe "Aktuelle Änderungen der Kartiermethode"
Dies sind Eigenschaften eines LRT, die insgesamt erfüllt sein müssen, damit ein konkreter Bestand bzw. eine Biotoptypenfläche einem Lebensraumtyp zugeordnet werden kann. Zu den Definitionskriterien gehören (Prioritätenreihenfolge): die relevanten Definitionen, die Standörtlichen Angaben, die ausschließlich zulässigen Biotoptypen, die obligat zutreffenden Eigenschaften (als Zusatzcode), die diagnostisch relevanten Arten, die typischen Syntaxa sowie die Beachtung der Abgrenzungen gegenüber verwandten Lebensraumtypen.
eingeschlossen in § 30 BNatSchG: 2. Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen
(Fauna-Flora-Habitat) Richtlinie 2006/105/EG DES RATES vom 20. November 2006: 7220 * Kalktuffquellen (Cratoneurion)
Bundesnaturschutzgesetz § 30 Gesetzlich geschützte Biotope: 2. Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
Interpretation Manual EU27: 7220 * Petrifying springs with tufa formation (Cratoneurion) PAL.CLASS.: 54.12
1) Hard water springs with active formation of travertine or tufa. These formations are found in such diverse environments as forests or open countryside. They are generally small (point or linear formations) and dominated by bryophytes (Cratoneurion commutati).
2) Plants: Arabis soyeri, Cochlearia pyrenaica (in sites with heavy metals), Pinguicula vulgaris, Saxifraga aizoides. Mosses: Catoscopium nigritum, Cratoneuron commutatum, C. commutatum var. falcatum, C. filicinum, Eucladium verticillatum, Gymnostomum recurvirostrum. In the Boreal region also Carex appropinquata, Epilobium davuricum, Juncus triglumis, Drepanocladus vernicosus, Philonotis calcarea, Scorpidium revolvens, S.cossoni, Cratoneuron decipiens, Bryum pseudotriquetum.
3) Corresponding categories
United Kingdom classification: "M37 Cratoneuron commutatum-Festuca rubra spring community" and "M38 Cratoneuron commutatum-Carex nigra spring community".
German classification: "220102 kalkreiche Sicker- und Sumpfquelle", "220302 kalkreiche Sturzquelle", "220402 kalkreiche, temporäre Sicker- und Stumpfquelle", "220502 kalkreiche, temporäre Sturzquelle".
Nordic classification: "3521 Philonotis-typ" and "3522 Cratoneuron-typ".
4) Can form complexes with transition mires, fens, chasmophytic communities of cold and humid environments and heaths and calcareous grassland (Festuco-Brometalia).
In order to preserve this habitat of very limited expanse in the field, it is essential to preserve its surroundings and the whole hydrological system concerned.
5) Malmer, N. (1971). Förslag till riktlinjer för en enhetlig klassificering av myrvegetation i Norden. In: IBP i Norden 7. Universitetsforlaget, Oslo, pp. 45-58.
Bundesnaturschutzgesetz § 30 Gesetzlich geschützte Biotope: Quellbereiche
Naturnahe, durch punktuell oder flächig austretendes Grundwasser geprägte Lebensräume, vegetationsfrei oder mit spezifischer Vegetation und Fauna im Wald oder offenen Gelände. Dazu gehören Sicker- und Sumpfquellen (Helokrenen) mit oft flächigem Wasseraustritt und Vegetation der Montio-Cardaminetea (Quellsümpfe und Quellmoore); bei kalkhaltigem Quellwasser können Quelltuffbildungen (Vegetation: Cratoneurion commutati) auftreten. Ferner gehören dazu natürliche Sturzquellen (Rheokrenen) und
Grundquellen (Limnokrenen), z. B. in Form von Quelltöpfen, Tümpelquellen oder Gießen mit ihrer Unterwasservegetation (z.B. Charetea). Als Sonderfälle von Quellen sind auch temporäre Quellen (z.B. Karstquellen) eingeschlossen.
Definition für NRW (gilt im Zusammenhang mit den u.st. definitorischen Rubriken): Sicker-, Sturz- oder Tümpelquellen mit kalkhaltigem Wasser und Ausfällungen von Kalksinter (Kalktuff) in unmittelbarer Umgebung des Quellwasseraustritts im Wald oder im Freiland. Im Allgemeinen sind kalkverkrustete Moosüberzüge des Cratoneurion vorherrschend. Eingeschlossen sind auch Quellbäche, soweit Kalktuffbildungen vorliegen.
Abgegrenzt werden natürliche und naturnahe Quellbereiche sowie ihre von Quellwasser beeinflussten Randzonen, wenn eine oder mehrere der genannten typischen Arten vorkommen. Die Zuordnung eines Vorkommens zu diesem Lebensraumtyp erfolgt bei erkennbarer Kalksinter-Bildung. Die Abgrenzung umfasst alle direkt zur Quelle gehörenden Bereiche sowie die von der entsprechenden Vegetation eingenommene Fläche, auch wenn diese sich am Quellbach bis in den Oberlauf des Fließgewässers entlangzieht. Um diesen Lebensraumtyp von meist nur geringer Ausdehnung zu schützen, ist es laut Interpretation Manual entscheidend, auch sein Umfeld und das betreffende hydrologische System zu schützen. Wegen der im Allgemeinen unklaren hydrogeologischen Situation sollte in der Regel jedoch davon abgesehen werden, das vermeintliche Einzugsgebiet abzugrenzen. Stattdessen sollte bei der FFH-Gebietsabgrenzung zumindest ein bis zu 25m breiter Pufferbereich zu allen Seiten entlang des meist linearen Biotoptyps einbezogen werden.
Gefasste Quellen sind grundsätzlich ausgeschlossen – eingeschlossen sind indes von Quellwasser beeinflusste naturnahe Bereiche in deren Umgebung, in denen rezente Kalksinterbildung gefunden wird und eine oder mehrere der unten genannten Arten vorkommen.
Sekundärstandorte von Quellen (z.B. in Steinbrüchen oder nach Gewässer-Renaturierungsmaßnahmen) sind eingeschlossen, wenn sich quelltypische Tier- oder Pflanzenarten eingefunden haben und eine rezente Kalksinterbildung angesprochen werden kann.
Naturnahe Wald-Kalkquellbereiche, die dem Lebensraumtyp NFK0 entsprechen und insbesondere vom Riesenschachtelhalm (Equisetum telmateia) geprägt sind, können üppige Bestände von Palustriella commutata oder Cratoneuron filicinum aufweisen. Sofern diese Moosbestände kalk-akkrustiert sind, sollen sie zum Lebensraumtyp 7220 Kalktuffquellen gestellt werden.
Verlust des LRT-Status:
Die Verringerung oder der Verlust der LRT-Qualität kann durch Strukturveränderungen wie Quellfassungen oder Verbaumaßnahmen aber auch durch Aufschüttungen, starke Beweidung etc. begründet sein. Sogar der Abbau von Travertin kann mancherorts nicht ausgeschlossen werden. Solange die diagnostisch relevanten Arten im Biotop gefunden werden und eine Sinterbildung festgestellt werden kann, bleibt die Lebensraumtypenqualität erhalten, wenn auch mitunter in einem schlechten Erhaltungszustand.
Quellen, die durch intensive Eutrophierung gekennzeichnet sind – z.B. durch das Auftreten von Eutrophierungszeigern (Fadenalgen) und wo zugleich kalktuffquelltypische Arten fehlen, können selbst dann nicht als 7220 Kalktuffquellen eingestuft werden, wenn sie deutliche Zeichen historischer Tuffbildung tragen. Solche Quellbereiche lassen sich aber mitunter noch dem Lebensraumtyp NFK0 Schutzwürdige und gefährdete Quellbereiche zuordnen.
Naturnahe Kalkquellbereiche, in denen von den weiteren diagnostisch relevanten Arten nur noch eine Art vorkommt, können nicht zum LRT 7220 gestellt werden; sie werden als Lebensraumtyp NFK0 und mithin als Gesetzlich geschützter Biotop erfasst.
kalkreiche, sauerstoffreiche Quellwasseraustritte (Karbonatsättigung), Kalksinter, überrrieselt oder mit Spritzwassereinfluss
FH3 = Quellstau
FK0 = Quelle, Quellbereich
FK1 = Grundquelle, Tümpelquelle, Limnokrene
FK2 = Sicker-, Sumpfquelle, Helokrene
FK3 = Sturzquelle, Rheokrene
FL0 = Wasserfall, Stromschnelle, Bachschwinde
FM4 = Quellbach
rg = kalksinter
stb1 = kalkreich
os = gesellschaftstypische Artenkombination vorhanden, tg = moosreich, wi = Quellflur
a) hoch-indikative Arten, deren alleiniges Vorkommen ausreichend ist:
Cinclidotus aquaticus (Sichelblättriges Gitterzahnmoos), Cochlearia pyrenaica (subsp. pyrenaica) (Pyrenäen-Löffelkraut), Eucladium verticillatum (Wirteliges Schönastmoos), Palustriella commutata (Veränderliches Starknervmoos), Philonotis calcarea (Kalk-Quellmoos), Pinguicula vulgaris (Echtes Fettkraut)
b) weitere diagnostische Arten, von denen mindestens zwei vergesellschaftet sein müssen
Batrachospermum spec., Brachythecium rivulare (Bach-Kurzbüchsenmoos), Cardamine amara (Bitteres Schaumkraut), Carex appropinquata (Wunder-Segge), Cratoneuron filicinum (Farnähnliches Starknervmoos), Equisetum telmateia (Riesen-Schachtelhalm), Pellia endiviifolia (Kelch-Beckenmoos), Preissia quadrata (Quadratisches Preissmoos), Stellaria alsine (Quell-Sternmiere)
Eu-/ Hypertrophierungszeiger:
Rhynchostegium riparioides (Ufer-Schnabeldeckelmoos)
Verband: Cratoneurion commutati - CRN-V
Ass./Ges.: Cardamino-Cratoneuretum - CA-CR inkl. fragmentarische Ausbildungen nur mit Palustriella commutata Beständen
Ass./Ges.: Cratoneuro - Cochlearietum pyrenaicae - C-CO
Ass./Ges.: Eucladietum verticillati - EUV
Ass./Ges.: Chrysosplenietum oppositifolii cardaminetosum amarae - COPc mit calciphilen Arten z.B. Equisetum telmateia
Standörtlich naheliegende Missverständnisse:
Abgrenzung zu 7230:
Punktuelle und fragmentarische Vorkommen in Kalkflachmoorkomplexen werden dem Lebensraumtyp 7230 Kalk- und basenreiche Niedermoore zugeordnet und nicht separat erfasst.
Abgrenzung zu NFK0:
Naturnahe Kalkquellbereiche, die die Bedingungen des LRT 7220 nicht erfüllen, werden ggf. als Lebensraumtyp NFK0 und mithin als Gesetzlich geschützter Biotop erfasst.
Naturnahe Kalkquellbereiche, in denen von den weiteren diagnostisch relevanten Arten nur eine Art vorkommt, können nicht zum LRT 7220 gestellt werden; sie werden als Lebensraumtyp NFK0 und mithin als Gesetzlich geschützter Biotop erfasst.
Naturnahe Wald-Kalkquellbereiche, die dem Lebensraumtyp NFK0 entsprechen und insbesondere vom Riesenschachtelhalm (Equisetum telmateia) geprägt sind, können üppige Bestände von Palustriella commutata oder Cratoneuron filicinum aufweisen. Sofern diese Moosbestände kalk-akkrustiert sind, sollen sie zum Lebensraumtyp 7220 Kalktuffquellen gestellt werden.
Dies sind Hinweise für die Kartierung, damit im Gelände die definitionsrelevanten Eigenschaften einer Biotoptypenfläche optimal erkannt und identifiziert werden kann.
Biogeographische Anmerkungen:
Link zur Verbreitungskarte:
http://ffh-bericht-2019.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-bericht-2019/de/nrw-bericht-karten/anhang-d/lrt/7220/atl
Das "Quellenkataster NRW" (Datenhaltende Stelle: Geologischer Dienst NRW) stellt die Verbreitung (hydrogeologisch bestimmter) Referenz-Quellstandorte dar. Quellen im Sinne von "Gesetzlich geschützten Biotopen" sind im näheren Umfeld dieser Referenz-Quellstandorte zu erwarten.
Aktuelle Änderungen der Kartiermethode:
2016-05-17: Überarbeitung der diagnostisch relevanten Arten (vergl. NFK0); Abgrenzungshinweise ergänzt
Zusatzcode "tg nicht obligat, sondern zu "weitere"
Biotopkataster - Kartierung:
Alle 7220 Biotope erfahren eine Biotoptypenkartierung, die in allen Fällen in den Sachdaten im BK-Dokument zusammengefasst und ggf. aggregiert werden.
Biotoptypenkartierung
• in FFH-Gebieten, Naturschutzgebieten, Geschützten Biotopen, NSG-würdigen Biotopen:
Der Lebensraumtyp 7220 wird in jedem Fall der Biotoptypenkartierung unterzogen und als Gesetzlich geschützter Biotop gekennzeichnet.
Die Ergebnisse werden in allen Fällen in Objekte des Biotopkatasters übertragen oder aggregiert.
Der FFH-LRT 7220 Kalktuffquellen erfährt in jedem Fall eine Erhaltungszustandsbewertung.
Die meist kleinflächigen Quellbereiche werden in der Regel ohne nennenswerte Pufferbereiche abgegrenzt. Quellbereiche kleiner als 10 qm erhalten eine Punkt-Geometrie, ab 100 qm sollte eine Polygon-Geometrie erzeugt werden.
Bei der Erfassung von Quellfluren im Wald soll die den Quellbereich überschattende Baumschicht auch dann erfasst werden, wenn der Quellbereich selbst frei von Bäumen ist, d.h. die Angaben zum Quellvegetationstyp sollen durch eine 1. und ggf. 2. Baumschicht ergänzt werden, obwohl diese nicht in der Quellvegetationsfläche stocken.
Bei der Erfassung von Quellen im Grünland soll im Erfassungsbogen über das Feld Nutzungstyp aus der Liste „Effizienzkontrolle Grünland“ die Nutzung der Grünlandfläche erfasst werden.
• in ÖFS-Flächen und im Biotop-Monitoring (BM):
Auf ÖFS-Untersuchungsflächen werden alle vorkommenden Biotoptypen flächenscharf, somit auch alle FFH-Lebensraumtypen, erfasst und kartiert. Jede Kalktuffquelle wird als homogene Fläche kartiert.
Benachbarte unterschiedliche Strukturtypen desselben Biotoptyps werden gesondert erfasst. Die Erfassung von Biotopkomplexen bzw. Kettenbiotopen ist nicht zulässig.
Im Biotopmonitoring (BM) werden in NRW alle Vorkommen dieses Lebensraumtyps aufgrund seiner Seltenheit im Totalzensus kartiert. siehe LINK zur ÖFS/BM-Kartierung
LINK zur Kartieranleitung ÖFS/BM:
http://methoden.naturschutzinformationen.nrw.de/methoden/web/babel/media/oefs-erhebungsb%C3%B6gen.zip
LINK zur Bewertungsmatrix:
https://www.lanuv.nrw.de/natur/eingriffsregelung/numerische-bewertung-von-biotoptypen/